Right Place, Wrong Time


Evil Ways


Bevor Roundabout auf die Suche nach einer neuen Stimme gehen konnte, wollte ich mir noch einmal die bisherigen Aufnahmen anhören und einige Cassetten für die Band kopieren.
Das hatte ich zumindest vor, was aber fehlte, war das 8 Spur Band. Ich stellte das Studio auf den Kopf und suchte in den unmöglichsten Ecken einschließlich Mülleimer. Keine Spur von dem Band. Nicht die Geringste. Es war zum Verzweifeln.

 

Alle in vielen Stunden gemachten Aufnahmen waren offensichtlich verloren. Sie sind auch später nie mehr aufgetaucht.

Die einzig logische Erklärung: Jemand hatte die Spule geklaut. Da zwischen der letzten Session und dem Verschwinden des Bands niemand mehr im Studio war, konnte es nur zuvor von einem der Anwesenden mitgenommen worden sein.

Nur wer...? Kein Musiker der aktuellen Besetzung konnte Interesse daran haben, die Früchte eigener Arbeit zu zerstören. Alle Indizien ließen nur einen Schluß zu...(!) - aber es waren halt nur Indizien, der Beweis fehlte...

 

 

Lady In Black 

 

Trotz allem mußte es weitergehen. Roundabout fand glücklicherweise bald eine Frontfrau, quasi zur Verbesserung der etwas schwachen Frauenquote. Sie hieß Bärbel Reinhardt und war mit ihrer Stimme und ihrem Humor eine echte Bereicherung.

Mit ihr wurde das komplette Repertoire neu eingeübt und die ersten Aufnahmen gemacht. Danach nahmen etliche Auftritte die Band zeitlich voll in Beschlag und ich war damit beschäftigt, am Mischpult für einen guten Sound zu sorgen. 

In dieser Zeit fand in der Dortmunder Westfalenhalle ein bundesweiter Bandwettbewerb statt. Roundabout nahm noch mit dem alten Sänger daran teil und gewann ihn unter 519 Bewerbern. Der Preis dafür ist mir nicht mehr erinnerlich.

Nach dem Masterbanddiebstahl war aber irgendwie die Luft raus und so löste sich der Traum meiner ersten Schallplattenproduktion still und heimlich in selbige auf.

Ein Live- Video von Roundabout findet man im übernächsten Kapitel.

 

 

Anmerkung:

Zum Glück habe ich nach vielen Jahren Bärbel im Web aufgespürt und Kontakt mit ihr aufgenommen. Sie hatte überraschenderweise noch alte Originalaufnahmen, die sie mir zur Verfügung gestellt hat. Die erste ist ein typisches Musikbeispiel im Stil dieser Zeit und das zweite eine ungewöhnliche Instrumentalnummer. 

 

https://soundcloud.com/alfred-e-neumann01/roundabout-look-in-my-eyes

 

https://soundcloud.com/alfred-e-neumann01/roundabout-schottenrock

 

Eine kleine Rarität ist die nachfolgende kurze Interpretation. Nur Bärbels Stimme zusammen mit dem virtuos gespielten 5-Saiter Yamaha Fretless des Bassgurus Oliver Poschmann.

 

https://soundcloud.com/alfred-e-neumann01/barbel-reinhardt-mit-oliver-poschmann-strawberry-fields

 

 

 

Baby, What A Big Surprise


Der mir noch aus Homburg Zeiten bekannte Michael "Paul" Wagner war mittlerweile Schlagzeuger der deutsch - amerikanischen Fusion Gruppe Hired Help BandSie spielte überwiegend Eigenkompositionen und durch ihre Bläsergruppe waren sie etwas Besonderes.

 

Neben unserem Paul, der sich dem amerikanischen voll angepasst, jetzt nicht uneitel Shelly Wagner nannte, waren die anderen Musiker Thomas "T" White Bass, Uwe Schlürmann (2013) Gitarre, Volker Barber Keyboards, Mick Thierfelder Percussions, Steve Orebaugh Tenor Sax, Flute, Don Myers Trombone und Mike Ruby Trumpet.


Durch die Vermittlung von Paul - Entschuldigung, Shelly - kam die Band in unser Studio um Demos aufzunehmen. Auch die Songs dieser Band waren in ihrer schöpferischen Qualität für mich einzigartig und so kamen wir überein, die Demos etwas aufwendiger zu produzieren und einer Plattenfirma anzubieten.
Die Hired Help Band unterschied sich von den meisten Amateurbands nicht nur durch das Gebläse, sondern auch durch den Umstand, dass hier außergewöhnlich gute Musiker zugange waren. 

Die Bläser waren, wie die Namen schon vermuten lassen, alle amerikanischer Herkunft und Ausbildung. Sie waren von der Army übriggelassene Soldaten. Hier bewahrheitete sich das Vorurteil, dass alle Amimusiker einfach besser seien, aufs Deutlichste. Es traf zumindest auf die drei zu. Sie konnten selbstverständlich auch singen. Was denn sonst?

Da dies auch auf die anderen Bandmitglieder zutraf, war ein reiner Singmensch überflüssig.

 


Another Rainy Day in Frank Fort City


Wir nahmen einige Titel auf, von denen ich die besten zu einem Demoband zusammenstellte.

Der Zufall wollte es, dass eine der größten Major Companies, die CBS in Frankfurt ihre deutsche Niederlassung hatte.

Bei dem A&R Manager Jochen Leuschner - ebenfalls ein ehemaliger Frankfurter Musiker - bekam ich tatsächlich einen Termin. 

JL residierte in einem imposanten Protzbüro und begrüßte mich durchaus freundlich. Er lehnte sich nicht übermäßig interessiert zurück und steckte das Demoband in einen High End Cassettenrecorder. Ziemlich nervös lauschte ich dem, was dann aus seiner ebensolchen High End Abhöre ertönte. Wie erhofft kam "China Razor" druckvoll und für mich überzeugend aus den Boxen.
Doch die mir von Herrn Leuschner zugestandene Audienzdauer war anscheinend sehr knapp bemessen und so spulte er nach etwa dreissig, für ihn wohl sehr langen Sekunden, das Band zum nächsten Titel vor. Dies wiederholte er auch beim nächsten und übernächsten, um sich dann die restlichen Songs zu schenken.
Nach diesem ungewohnten frühmorgentlichen Arbeitseinsatz lehnte er sich langsam in seinen Monsterchefrelaxsessel zurück und sah mich bedeutungsschwer an.

Leichtes Mitleid schwang in seiner Stimme: "Wissen Sie, wir haben Chicago, Earth, Wind And Fire und ähnliche amerikanische Topgruppen unter Vertrag; wer braucht da so eine unbekannte Nachahmerband?" Da mir nach diesem Statement die Luft wegblieb, hatte ich spontan keine schlaue Entgegnung auf Lager.

Und so verließ ich mit hängenden Ohren ziemlich geknickt diesen ungastlichen Ort. Damit war die zweite Plattenproduktion über die Wupper gegangen.
Ich hoffte damals, JL nie mehr in diesem Leben zu begegnen, hatte mich darin aber gründlich getäuscht. Aber das ist eine ganz andere Geschichte, die ich in einem der nächsten Kapitel erzählen werde.            

Der nachfolgende Titel ist eher untypisch für die Band und dazu noch miserabel abgemischt. Einen besseren Eindruck, wenn auch der damals bescheidenen Videotechnik geschuldeten, schlechten Qualität vermittelt das Video im übernächsten Kapitel.